Stillen mit Hindernissen - ein Traum geht in Erfüllung

Mein Sohn Elias wurde am 25. Januar 2024 mit einer beidseitigen Lippen-Kiefer-Gaumenspalte geboren. Zu meinem grossen Bedauern war deshalb an Stillen nicht zu denken – zumindest am Anfang. Denn erst nach dem operativen Verschluss des Gaumens würde Elias hoffentlich Muttermilch von der Brust trinken können. Also fütterte ich Elias vorerst mit abgepumpter Muttermilch und Brei.

Die Suche nach einem Chirurgen für die Operation war für uns schwierig. Es gab so viel zu überlegen und zu diskutieren. Im August 2024 entschieden wir uns.  Der Chirurg bekräftigte uns darin, dass Stillen sehr wichtig sei und meinte: «Stillen ist eine gute Therapie für Mutter und Kind. Durch das Stillen trainiert Elias seine Muskeln, was sich gut auf die Sprachentwicklung auswirken kann». Er machte mir auch Hoffnung, dass es nach dem Gaumenverschluss mit dem Stillen funktionieren würde.

Ende September war es dann so weit: Elias Gaumen wurde verschossen. Was folgte, war für uns nicht einfach. Es begann damit, dass Elias zwei Tage nach der Operation die Magensonde herauszog. Danach ass er mehr als 24 Stunden nichts. Sobald ich mit der Flasche oder mit dem Löffel zu ihm kam, fing er an zu schreien und verweigerte entschieden die Nahrungsaufnahme. Glücklicherweise begann er dann doch wieder Brei zu essen und eine zweite Magensonde war nicht mehr nötig – zum Glück. Aus der Flasche trank er jedoch erst wieder, als wir sechs Tage nach der Operation nach Hause durften.

Mein nächstes Ziel hiess: Stillen. Zwei Wochen später starteten ich und Elias unseren ersten Still-Versuch. Unser Chirurg hatte grünes Licht gegeben, da Elias nun saugen konnte. Ich informierte mich in einer LKGS-Facebook-Gruppe und erfuhr, dass Elias erst langsam lernen müsse, an der Brust zu trinken. Dort stand auch: Brusternährungssets können dabei helfen. Sie müssen jedoch an die Bedürfnisse des LKGS-Babys angepasst werden (u.a. dickerer Schlauch). Und ich las von spezialisierten Hebammen, die Müttern und ihren Babys helfen den Übergang von der Flasche zum Stillen zu schaffen.

Nach einem erfolglosen Kurzversuch mit einem Brusternährungsset, wandte ich mich überfordert an eine auf LKGS spezialisierte Hebamme. Sie versicherte mir: «Früher oder später funktioniert es, mit viel Geduld und liebevoller Konsequenz».

Der erste Schritt war, Elias an die Brust zu gewöhnen. Das Trinken an der Brust sollte später geübt werden. Die Hebamme empfahl mir, mit Emotionen zu arbeiten. Das hiess: Elias anlächeln, wenn er die Brustwarze in den Mund nimmt und wenn es nicht funktioniert, ein trauriges Gesicht machen und ihn dann mit der Flasche füttern. Dies war gar nicht so einfach umzusetzen, weil Elias oft die Augen zumachte und laut schrie, wenn ich ihn hungrig an die Brust legte. Ich denke, es hat trotzdem geholfen. Der erste Tag war äusserst schwierig. Elias wollte unbedingt seine Flasche haben. Er verweigerte die Brust und wollte auch nichts anderes essen. Schliesslich war er sehr müde. Ich habe ihn in den Armen gewiegt und ihm immer wieder die Brust angeboten. Und endlich hat er die Brustwarze in den Mund genommen.

Im nächsten Schritt ging es darum, Elias an das Trinken an der Brust zu gewöhnen. Dazu brauchte ich die Hilfe meiner Hebamme. Erst als sie mir zeigte, wie man das Brusternährungsset anpasst und es richtig anwendet, funktionierte es nach einigem Üben. Bei den ersten Versuchen hatte ich die Flasche des Ernährungssets viel zu hoch gehängt, was Elias überforderte. Schwierig war auch, dass Elias beim Trinken den Mund nicht richtig öffnete. Auch hier waren die Tipps der Hebamme sehr wertvoll. Elias lernte die Brustwarze richtig in den Mund zu nehmen und aus dem etwas dickeren Schlauch des Brusternährungssets zu trinken. Wenn er trank, floss die Muttermilch wie gewünscht aus dem Schlauch in den Mund. Wenn er absetzte, floss sie zurück.

Dann versuchte ich es mit einem dünneren Schlauch des Brusternährungssets. Ich verzweifelte fast, denn die Flasche blieb fast voll, egal ob sie hoch oder tief hängte. Und Elias wollte irgendwann nicht mehr weiter trinken. In der Nacht fiel dann beim Reinigen des Brusternährungssets auch noch ein Gummiteil in den Abguss. Das Brusternährungsset funktionierte nicht mehr. Mein Mann wollte gleich ein neues Set kaufen, ich war dagegen. Ich dachte mir: «Wir versuchen es so in der Nacht. Entweder funktioniert es oder Elias bekommt die Flasche und ich stille ab». Als Elias in der Nacht aufwachte, habe ich ihn an die Brust gelegt. Ich hörte, wie er immer wieder schluckte und dann einschlief.

Voller Freude informierte ich am nächsten Morgen meine Hebamme und schickte ihr auch noch ein Video des trinkenden Elias. Sie war sehr zufrieden und empfahl mir, Elias öfters an die Brust zu legen und immer wieder die Brust zu wechseln. Dies, um die Milchproduktion zu fördern (Milchspendereflex). Ab dem 30. Oktober 2024 war Elias ein Stillkind. Ich reduzierte in Absprache mit der Hebamme das Abpumpen der Muttermilch schrittweise. Bei jedem Schritt pumpte ich pro Tag einmal weniger ab. Ende 2024 gab ich die ausgeliehene Milchpumpe zurück.

Da alles gut lief, konnten wir die Zeit bis zur nächsten Operation geniessen. Diese fand im November 2024 statt. Nach der Operation erhielt Elias einen Nasenformer. Leider konnte er deshalb schlecht durch seine Nase atmen. Und wieder verweigerte Elias das Trinken an der Brust. Ich machte mir grosse Sorgen, bis mir meine Hebamme versicherte, das sei völlig normal. «Geben Sie nicht auf», gab sie mir mit auf den Weg. Und wirklich: Nach ein paar Tagen konnte ich wieder stillen. Zuerst trank Elias nur kurz an der Brust. Er bekam deshalb zusätzlich abgepumpte Muttermilch aus der Flasche. Als der Nasenformer nach etwa einem Monat entfernt wurde, konnte ich ganz normal stillen. Als ob ich das von Geburt an gemacht hätte!

Ich empfehle allen Müttern, die stillen wollen: Folgt eurem Herzenswunsch. Es wird nicht einfach, aber es ist machbar und man weiss genau, wofür man es macht. Ich bin sehr glücklich, wenn ich Elias beim Stillen beobachte, wenn er so nah bei mir ist und soooo gut riecht. Es ist tatsächlich eine gute Therapie und einfach Balsam für meine Seele. Ohne meine Hebamme hätte ich es nicht geschafft. Ich brauchte ihre Anleitung und die Bestätigung, dass es in die richtige Richtung läuft. Dank ihrer Hilfe ging mein Traum in Erfüllung, Elias stillen zu können.