Fachvortrag zu den neusten Erkenntnissen aus der Forschung und zur medizinisch-therapeutischen Logopädie bei LKGS am 8. November 2025 in Basel

Am 8. November 2025 fand in der Aula des Universitäts-Kinderspitals beider Basel (UKBB) ein Fachvortrag zu Lippen-Kiefer-Gaumenspalten (LKGS) statt. 

Vortrag Prof. Dr. Dr. Andreas Müller

Prof. Dr. Dr. Andreas Müller eröffnete den Vormittag mit einem Überblick über die Geschichte und aktuelle Entwicklungen in der Spaltbehandlung. Bereits vor über 300 Jahren gab es in Basel Behandlungsversuche, die im Staatsarchiv dokumentiert sind. Damals war Chirurgie Handarbeit, ohne Narkose und ohne einheitliche Behandlungspläne. Heute arbeiten Teams nach klaren Konzepten und betrachten die Behandlung ganzheitlich, mit Blick auf jedes einzelne Kind.

Prof. Müller zeigte auf, wie sehr sich die technische Entwicklung verändert hat. Früher wurden Gipsmodelle mühsam von Hand gefertigt, heute werden 3D-Aufnahmen erstellt, aus denen automatisiert individuelle Platten für die Ernährung von Säuglingen entstehen. Dank einer Stiftung konnte ein digitales Designverfahren entwickelt werden, das den Herstellungsprozess stark vereinfacht. Ziel ist, den Kindern möglichst früh Normalität im Alltag zu ermöglichen, vor allem beim Trinken und Essen, da gute Ernährung für Ruhe, Wachstum und Schlaf entscheidend ist.

Ein weiterer Schwerpunkt seines Vortrags war die internationale Zusammenarbeit. Weltweit unterscheiden sich die Behandlungsansätze stark. Durch gemeinsame Forschung und Austausch – etwa im Research Center for Childcare – sollen diese Unterschiede besser verstanden werden. Neue Erkenntnisse zeigen, dass man bei Spalten im Kiefer im Säuglingsalter keinen Knochen einsetzen sollte, weil sich der Zahn dann natürlicher entwickeln kann.

Digitalisierung und moderne 3D-Technologien helfen heute entscheidend, vor allem in der ersten Behandlungsphase mit den Ernährungsplatten.

Prof. Müller sprach auch die finanzielle Seite an. Die Behandlung von LKGS ist oft ein Randthema in der Medizin und wird von der Pharmaindustrie kaum unterstützt, da es sich nicht um ein medikamentöses Feld handelt. Deshalb sind Spenden und Stiftungen von grosser Bedeutung. 

Vortrag Iris Indri

Im zweiten Teil des Vormittags sprach die Logopädin Iris Indri über die Rolle der medizinisch-therapeutischen Logopädie bei LKGS. Sie betonte, dass die Logopädie ganzheitlich arbeitet und bereits früh einsetzt. Ziel ist es, Störfaktoren zu minimieren und das Zusammenspiel von Atmung, Schlucken und Sprechen zu fördern. Oft zeigt sich der Erfolg daran, dass Angehörige plötzlich einen deutlichen Unterschied in der Sprache oder dem Verhalten des Kindes bemerken. Die Zusammenarbeit zwischen Chirurgie, Logopädie und Eltern ist dabei entscheidend. Wichtig sei, dass sich Kinder und Eltern im Behandlungsteam wohlfühlen und über längere Zeit von denselben Fachpersonen betreut werden.

Eine betroffene Person erzählte anschliessend offen über ihren eigenen Weg. Sie sprach über Unsicherheiten, über Vertrauen in das Behandlungsteam und darüber, wie wertvoll es ist, wenn Angehörige Fortschritte wahrnehmen. Die wichtigste Botschaft lautete: „Am Schluss kommt es immer gut – man findet immer eine Lösung. Wichtig ist, daran zu glauben.“

In der anschliessenden Fragerunde wurden viele Themen offen diskutiert. Warum operieren verschiedene Spitäler unterschiedlich? Weil Chirurgie stark von der persönlichen Erfahrung und Ausbildung der Operierenden geprägt ist. Standardisierung ist nur bedingt möglich, da Chirurgie Handarbeit bleibt. Guidelines helfen zwar zur Orientierung, können aber den Fortschritt auch bremsen, wenn sie zu starr werden. Eltern betonten, wie wichtig Vertrauen und Sympathie zum Ärzteteam für sie sind.

Beim Apéro nutzten die Besucherinnen und Besucher die Gelegenheit, sich mit Fachpersonen, Betroffenen und Angehörigen auszutauschen. 

Alle waren sich einig, dass das Bewusstsein für das Thema Lippen-Kiefer-Gaumenspalten in der Gesellschaft weiter gestärkt werden soll. Auch im kommenden Jahr wird es wieder Anlässe mit fachlichen Informationen und persönlichen Einblicken geben.

 

 

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